Ob Hund oder Katze: Haustierhalter lieben ihre Tiere und bezeichnen sie oft sogar als Familienmitglieder. Umso mehr wünschen sie sich die Unsterblichkeit ihres Lieblings. Drei Firmen weltweit bieten deshalb an, das verstorbene Haustier zu klonen, doch der Service hat seinen Preis.
Auf Fotos sehen Marlon, Garlic und Marley wie gewöhnliche Haustiere aus: eine aufgeweckte weiße Bulldogge, ein kuscheliger großer Kater und ein honigfarbener Hund mit Schlappohren. Doch hinter den niedlichen Kulleraugen steckt viel Geld und Technologie. Die drei sind, wie mittlerweile mehr als Tausend Hunde und Katzen auf der Welt, von ihren Herrchen und Frauchen geklont worden.
Drei bekannte Unternehmen der Branche haben die Doppelgänger von Marlon, Garlic und Marley jeweils zum Leben erweckt: Sooam Biotech Research Foundation aus Südkorea, Sinogene aus China und Viagen aus den USA. In Deutschland ist kommerzielles Klonen von Tieren nicht erlaubt. Es gilt als Tierversuch, darf daher nach dem Tierschutzgesetz nur zu bestimmten Zwecken wie Forschung und nur mit behördlicher Genehmigung durchgeführt werden.
Auch Haustierbesitzerinnen und -besitzer in Deutschland haben ihre Vierbeiner bei ausländischen Unternehmen klonen lassen. Bulldogge Marlon sorgte als erster deutscher Klon-Hund 2018 für Aufregung. Marlon Nummer eins starb mit vier Jahren bei einer Routine-OP an einem Narkosemittel. Für seine Besitzer Sven und Simone J. aus Sachsen sei er wie ein Familienmitglied gewesen und sein Tod ein Schock, erzählten sie damals.
Schnelle Entscheidung ist nötig
Familien wie den J.s bieten Klon-Unternehmen die Hoffnung, ihre tierischen Begleiter wieder um sich zu haben, obwohl sie tot sind. 50.000 bis 100.000 US-Dollar (rund 90.000 Euro) lassen sie sich dafür laut ihren Webseiten zahlen. "Ein geklonter Hund ist einfach ein genetischer Zwilling Ihres Hundes, der zu einem späteren Zeitpunkt geboren wird", heißt es auf der Seite von Viagen. Sooam bewirbt das Klonen von Hunden unter dem Titel "Not You But You" ("Nicht Du, aber Du"). Katzen und Pferde können laut den Unternehmensseiten ebenfalls dupliziert werden.
Wer sich dafür entscheidet, muss nach dem Tod des Tieres schnell handeln. Besitzerinnen und Besitzer haben maximal fünf Tage Zeit, den Unternehmen die notwendigen Gewebeproben zukommen zu lassen. Den Tierkörper solle man dabei zwar kühlen, aber niemals einfrieren, heißt es im Infomaterial der Unternehmen. Zur "Wiedervereinigung" kommt es "Not You But You" zufolge innerhalb von fünf Monaten.
Klonen im Labor - Schritt für Schritt erklärt
Wie der Klonprozess im Labor funktioniert, erklärt Claudia Klein, Veterinärmedizinerin und Leiterin des Instituts für Nutztiergenetik am Friedrich-Loeffler-Institut. Zunächst werden demnach Eizellen benötigt, die sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler normalerweise aus Eierstöcken von Schlachthöfen holen.
Die Eizellen werden im Labor für 24 Stunden gereift, denn in den Eierstöcken liegen sie unreif vor. "Das heißt, die DNA liegt wie ein aufgedröseltes Wollknäuel in der Zelle. Nach 24 Stunden ist dieses aufgedröselte Wollknäuel ein schön aufgewickeltes Wollknäuel. Das ist dann der Kern", erklärt Klein.
Für den nächsten Schritt benötige man sehr gute feinmotorische Fähigkeiten und ein Mikroskop mit zwei Joysticks. "Das ist ein bisschen wie Computer spielen", kommentiert die Forscherin: "Mit dem linken Joystick führt man eine Pipette, die die Eizelle quasi festhält, und mit dem rechten Joystick bewegt man eine Nadel. Damit entfernt man den Kern, weil der ja das genetische Material von dem Schlachthoftier hat, was wir nicht haben wollen." Am Ende habe man eine entkernte Eizelle.
In die leere Eizelle komme eine Zelle vom Spendertier, das geklont werden soll. Meistens seien das Bindegewebszellen, beispielsweise aus der Haut. Das Problem sei, dass die eingesetzte Zelle hochspezialisiert sei. "So eine Hautzelle ist ja kein Embryo", sagt Klein. Nun müsse die Eizelle eine Mammutaufgabe stemmen und die DNA von der Hautzelle so umprogrammieren, dass sich ein Embryo entwickeln kann. Das klappe nur selten.
Nur zwei bis drei Prozent gelingen
"Generell ist Klonen ineffizient", kommentiert die Biotechnologin. Die Erfolgsrate liege bei zwei bis drei Prozent. Das bedeute: Aus 100 präparierten Eizellen entstehen zwei bis drei lebende Klone. Aus welchem Körperteil die Spenderzellen kommen, habe keinen großen Einfluss auf die Entwicklung, sagt Klein. Nachdem man die Eizellen ein paar Tage beobachtet habe und sich Embryonen entwickelt hätten, könne man diese auf Leihmuttertiere übertragen, die die Klonbabys austragen.
"Durch Hormongaben und oft sehr schwere Geburten leiden die Ammentiere, die die Klontiere austragen müssen", schreibt der Deutsche Tierschutzbund. Der Verein lehnt das Klonen strikt ab und fordert ein generelles Verbot, auch für Versuchstiere.
Die Forscherin Klein bestätigt, dass mit Klonen trächtige Tiere eine höhere Verlustrate hätten. Es könne Abnormalitäten zum Beispiel in der Plazenta geben und Auffälligkeiten wie das sogenannte Large Offspring Syndrom (Große-Nachkommen-Syndrom) bei Rindern.
Auch Rinder und Pferde werden geklont
Weltweit werden nicht nur Haustiere, sondern auch Nutztiere wie Rinder geklont, etwa damit sie besonders viel Milch produzieren. Seit rund 20 Jahren gibt es auch Duplikate von Hochleistungspferden für das Springreiten oder Polo. Forschende arbeiten außerdem daran, ausgestorbene Arten durch Klone wiederzubeleben.
Wenn der Klonprozess am Ende klappt, habe das neugeborene Tier die gleiche Zellkern-DNA wie das alte Tier, erläutert Klein. "Es ist im Prinzip ein identischer Zwilling", bestätigt sie - allerdings mit Einschränkungen: Neben der DNA des Zellkerns gebe es die mitochondriale DNA. Mitochondrien sind Teile von Zellen, die die Energie darin herstellen. Sie haben ihre eigene, ganz kleine Anzahl an Genen, die nicht zur klassischen DNA im Zellkern gehört. Vererbt werden diese Gene von der Mutter, weil sie in der Eizelle vorhanden sind. Diese DNA unterscheide sich also bei den geklonten Tieren, erklärt Klein.
Ein weiterer Faktor, der die Tiere nicht zu 100 Prozent gleich mache, sei die sogenannte Epigenetik. Sie entscheide darüber, wie sich gewisse DNA-Merkmale abhängig etwa von Umweltbedingungen ausprägen. Auch Fellmuster können unterschiedlich sein. Beim alten Marlon etwa befand sich ein brauner Fleck auf dem Kopf, bei Marlon 2 rutschte er über das Auge. "Zellen können sich während der Entwicklung etwas willkürlich verteilen. Es ist so, wie wenn Sie eine Torte backen und Schokostreusel darüber streuen. Wenn Sie das bei zwei Torten machen, dann haben zwar beide Torten Schokosprenkel, aber die sind leicht anders angeordnet", erläutert Klein.
Wissenschaftliche Befunde fehlen
Ob die Charaktereigenschaften oder bestimmte Leistungsmerkmale beim Klonen ebenfalls mitübertragen werden, sei schwer zu beantworten. "Es liegt auch immer an der Förderung", meint Klein. Großflächig angelegte Studien gebe es dazu noch nicht.
Der Deutsche Tierschutzbund nennt das Klonen von Haustieren eine "teure Illusion", weil der Charakter nicht nachgebildet werde. Die Besitzerinnen und Besitzer von Marlon, Garlic und Marley sehen das anders. "Das ist das richtige Gefühl, und das ist mein Garlic. Er ist wieder da!", lautet das Statement auf der Webseite von Sinogene.
Die J.s haben eine Homepage, auf der sie anbieten, Menschen, deren Hund gestorben ist, mit Sooam in Kontakt zu bringen und die Vorbereitung des Klonprozesses zu unterstützen. Und Marleys Herrchen sagt in einem Video: "Er ist wirklich der gleiche Hund geworden."
Besser Trauern als Klonen
Unabhängig davon, wie ähnlich sich die Tiere am Ende sein mögen: Es erübrigt sich nicht die Beziehungsarbeit mit dem neuen Tier, merkt Psychologin und Mensch-Tier-Beziehungsforscherin Andrea Beetz an. Das neue Tier sei wiederum durch die aktuelle soziale Umwelt geprägt - und nicht durch das, was das alte Tier vor Jahren hatte.
"Es wird dem neuen Tier nicht gerecht, wenn ich es immer vergleiche mit dem alten Tier und eine bestimmte Erwartungshaltung habe", sagt die Professorin der IU Internationalen Hochschule. Für die Mensch-Tier-Beziehung sei das nicht gut. Generell könnte man sich aber durchaus leichter auf ein ähnliches Tier einlassen als auf eines mit ganz anderen Charaktereigenschaften.
Statt sein verstorbenes Haustier zu klonen, empfiehlt Beetz, Trauerprozesse zuzulassen. Zwar könne das einige Monate dauern, aus psychologischer Sicht sei das aber auch völlig in Ordnung. Beetz sagt: "Wir sind ja immer mit Verlusten und Veränderung konfrontiert im Leben. Bei Heimtieren ist es eigentlich eine Gelegenheit, sich damit auseinanderzusetzen und das zu bewältigen."
Author: Tara Gentry
Last Updated: 1703343962
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